Virtuoser Tastenzauber - Akkordeonmusiker begeistern mit anspruchsvoller Konzertliteratur in Müllheimer Martinskirche.

Das Akkordeon als wandlungsfähiges Musikinstrument mit einem schier unerschöpflichen Potenzial an Ausdrucksmöglichkeiten konnte das Publikum beim jüngsten "Tastenzauber" am Sonntag in der Müllheimer Martinskirche erleben. Das Markgräfler Akkordeonensemble unter Leitung von Franco Coali und das Breisgauer Akkordeon-Orchester unter Thomas Bauer stellten dem Publikum anspruchsvolle Konzertliteratur mit hohem Genussfaktor vor.

Schon seit 1995 gibt es diese Veranstaltung: Was einst als einmaliges Konzert geplant war, hat sich zu einem beliebten Dauerbrenner entwickelt, der die Möglichkeiten dieses Tasteninstrumentes einer breiten Hörerschicht nahebringt. Das liegt nicht zuletzt auch an der Arbeit des Markgräfler-Akkordeonensembles, das nach Siegen beim Akkordeon-Weltfestival in Innsbruck als eines der weltbesten gelten kann.  Präludium und Fuge in D von Bach (BWV 532) zum Einstieg zeigte gleich, wo die Messlatte liegt, gilt das Stück doch als eines der schönsten der Bach’schen Orgelliteratur und mit seinem kapriziösen Figurenwerk als nicht einfach spielbar. Die breite Fächerung der Klangfarben stand der einer großen Kirchenorgel in nichts nach. Mit großer Souveränität arbeitete das Ensemble die polyphonen Strukturen der dreistimmigen Fuge mit ihrem lauffreudigen Sechzehntel-Thema heraus, filigran und doch mit mächtigem Volumen. Gegenüber der Kirchenorgel ist das Akkordeon in der Dynamik, also der Behandlung von laut und leise aufgrund seiner Luftführung wesentlich flexibler, was eine ausdrucksvolle Crescendo- und Decrescendo-Gestaltung einzelner Töne oder Akkorde ermöglicht.
Dies erlebten die Zuhörer bei den nächsten Stücken von Wladislaw Solotarjow und Astor Piazolla, die Kompositionen für dieses Instrument geschrieben haben. Dramatische Cluster, Glissandi und Kettentriller, verblüffende Tremolo-Effekte setzten glänzende Akzente, es blieb aber auch Raum für stille, innige Momente mit schwebenden Einzelstimmen. "Man kann mit dem Akkordeon extrem viel machen", sagte Lauer der BZ. Die Bandbreite reiche von klassischer Literatur bis zur Moderne und von Volksmusik bis Jazz. "Wir haben mit dieser Reihe einer Vielzahl von Hörern das Instrument Akkordeon nahebringen können, die sich sonst eher weniger oder gar nicht dafür interessierten", freute er sich. Dabei kann das rund 15 Kilogramm schwere Instrument solo oder in größeren Ensembles eingesetzt werden, wie sich beim zweiten Konzertteil zeigte, den das Breisgauer Akkordeon-Orchester bestritt. In dem 1997 gegründeten Ensemble spielen Akkordeon-Virtuosen aus der ganzen Region, unter ihnen viele Ensembleleiter und Ausbilder. Auch Mitglieder des Markgräfler Akkordeon-Ensembles sind dabei.
Unter der Leitung von Thomas Bauer entwickelte die Formation eine orchestrale Klangpracht, die zuweilen an Dvorak oder Wagner erinnerte. Hier wurde der Gesamtklang durch Elektronion und Schlagzeug (Franco Coali) ergänzt. Glockenspiel und Xylophon brachten eine witzige Note ins Spiel, wie beim verblüffenden Schluss der Nostalgia von Alexander Schurbin, einem komplexen Werk mit sieben ineinander übergehenden Sätzen, in die ein langsamer Walzer und ein feuriger Tango eingearbeitet waren. Das Publikum applaudierte begeistert und erhielt zwei Zugaben, eine Komposition von Piazolla und ein lustiges Kehraus-Stück namens Turkey-trott. (Quelle: BZ von Dorothee Philipp)